Detailansicht des Bildes Josephine Witt (links) und Hellen Langhorst sind Aktivistinnen der Femen-Gruppe.
Zu Besuch in der Küche von Femen-Aktivistin Hellen Langhorst im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg. Am Tisch sitzt auch Josephine Witt. Die 20-Jährige sorgte an Weihnachten für die "verstörenden Szenen", wie es manch ein Reporter danach nannte. Bis heute schreiben ihr Menschen, die ihre Aktion gut fanden. Andere haben sie angezeigt. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft, die sie gerade schriftlich darüber informiert hat.
"Wir wissen schon, dass die Gläubigen sich eigentlich wahrscheinlich aus Tradition da hingesetzt haben und den ganz ruhigen besinnlichen Ablauf haben wollen. Wir finden diesen Ablauf aber irgendwie gar nicht besinnlich, sondern höchst problematisch, weil eigentlich nie hinterfragt wird, was der Kardinal eigentlich predigt", sagt Josephine Witt. Die Haltung der katholischen Kirche müsse sich endlich ändern. Zum Beispiel in Bezug auf Homosexualität und Abtreibung.
"Es werden Grundrechte gegeneinander abzuwägen sein"
Eine Frau mit nacktem Oberkörper steht auf einem Altar © Elke Lehrenkrauss/dpa-Bildfunk Fotograf: Elke Lehrenkrauss
Detailansicht des Bildes Mit ihrer Aktion im Kölner Dom sorgte Josephine Witt bundesweit für Aufsehen.
Doch darum dürfte es bei einem möglichen Gerichtsverfahren nicht gehen, erklärt Josephines Anwältin Eva Steiner: "Selbstverständlich hat jede Religion auch das Recht dazu, dass diese Religion frei ausgeübt werden kann. Auf der anderen Seite steht natürlich auch immer das Recht meiner Mandantin, eben auch die Meinung in öffentlichen Veranstaltungen kundzutun. Und da werden dann natürlich auch im Verfahren Grundrechte gegeneinander abzuwägen sein."
Josephine Witt versteht nicht, dass sich die Leute so sehr über eine Frau oben ohne aufregen. An jedem Zeitungskiosk könne man schließlich Dutzende von nackten Frauen sehen. "Wir sagen unser nackter Oberkörper ist unsere Freiheit und unser Körper ist unsere Entscheidung und wir benutzen ihn für die Verbreitung politischer Nachrichten, für die Verbreitung politischer Zwecke und unserer Ansichten. Und eben auch, um genau gegen dieses Rollenbild anzukämpfen."
Die Femen-Aktivistinnen Josephine Witt (rechts) und Hellen Langhorst aus Hamburg. © NDR Fotograf: Katja Keppner
Detailansicht des Bildes Hellen und Josephine: "Wir benutzen unsere Körper für die Verbreitung unserer Ansichten."
Es sei falsch mit Sexismus auf die Ausbeutung der Frauen zu reagieren, sagen hingegen Kritiker. Purer Narzissmus stehe hinter den Aktionen und all das ohne jegliches theoretisches Fundament. Eine feministische Anti-Seite im Netz lässt sogar Barbie-Puppen in einem Filmchen erklären: "Du bist jung, schön und sexy und hast keinen Bock auf Theorie? Komm zu Femen!"
Femen wehrt sich gegen Kritik
Hellen Langhorst, eine der Gründerinnen der Hamburger Femen-Gruppe, kann die Argumente schon nicht mehr hören. Immerhin habe sich Alice Schwarzer erst kürzlich hinter Femen gestellt. "Wir gehen auf die Straße, wir machen unseren Protest, wir sind hier diese Gruppe von 20 Leuten in Deutschland, die alles ehrenamtlich macht und einfach Aktivismus betreibt. Und ich bin es leid, dass sich Leute von außen hinstellen mit dem Finger auf uns zeigen und sagen, am Anfang wart ihr vielleicht ganz gut, aber jetzt - das geht überhaupt nicht mehr", sagt die 23-Jährige.
Auch eine Haftstrafe droht
Die Femen-Aktivistin Josephine Witt aus Hamburg. © NDR Fotograf: Katja Keppner
Detailansicht des Bildes Im schlimmsten Fall droht Josephine Witt eine Haftstrafe.
Am Anfang, das war vor einem Jahr, als Femen auch in Deutschland eine Gruppe gründete. Anerkennung erhielten sie beispielsweise für den Auftritt im Finale von "Germany's Next Topmodel". Die öffentliche Meinung kippte spätestens, als die Aktivistinnen vor einer Berliner Moschee oben ohne einen "Topless Jihad Day" ausriefen. Dass die Aktion im Kölner Dom nun für solch einen Gegenwind sorgt, findet Philosophie-Studentin Josephine Witt logisch. Und dabei hat sie große Vorbilder: "Gandhi hat gesagt 'First they laugh at you, then they fight you, then you win.' Also man begegnet uns erst mit Lächerlichkeit: 'Ja, das sind ja diese kleinen Mädchen', das haben wir auch schon erlebt. Dann mit großer Ablehnung: 'Also das geht nicht, das ist jetzt ein Schritt zu viel' - ja und dann werden wir irgendwann siegen."